Minimalismus - das innere Kind

"Brauche ich das wirklich?"
Ein Satz, der quasi das Mantra für den Minimalismus ist. Ob nun materieller Besitz oder auch der alltägliche Konsum an Verbrauchsgütern. 
Brauche ich wirklich Wattepads der reicht ein Produkt wie ein Waschlappen?
Brauche ich überhaupt so viele Reinigungsprodukte oder kann ich mir einen Universalreiniger selbst mischen?
Brauche ich so viel Verpackungsmüll oder gibt es nicht irgendwo einen Unverpacktladen in meiner Nähe?

Ob vegan oder omnivor, plastikfrei oder Konsumverweigerer, Fahrradfahrer oder ein aufs Auto angewiesener Minimalist - das scheint der Kern des Ganzen zu sein.
Aber eine zweite wichtige Angelegenheit wird dabei gerne vergessen: Was macht mich glücklich?
Wenn ich Hobbys oder Dinge habe, die mich glücklich machen, dann sollte man dort gerade nicht Minimalist sein, im Gegenteil - durch das "Brauche ich das wirklich?" befreit man sich von allem, was einen nicht glücklich macht. Sei es nun Besitz, Arbeitszeit oder schlechte Zeitfresser wie Handyspiele.
Ich habe z. B. nichts anderes als das Spiel 2048 für besonders lange Zugfahren und eine Karaoke-App, die ich oft mit Jona zusammen nutze ... statt Fernsehen eben.

Mein inneres Kind, diese kleinen Momente von Freiheit und Spaß, die sind leider einige Jahre meines Lebens zu kurz gekommen. Ich habe damals studiert, am Theater gearbeitet und musste nebenbei Kellnern und andere Nebenjobs machen, um mir das Leben zu finanzieren. Ich finde es relativ witzig, dass ich bis heute noch Anfragen bekomme, ob ich nicht hier schminken oder auf der Veranstaltung kellnern kann. Ich hatte damals sehr stark das Gefühl für mich und meine Bedürfnisse verloren. Mein primäres Ziel war Existenzerhaltung - Shoppen? Essen gehen? Das war für mich nicht drin damals. Es war eine lehrreiche Zeit, ich lernte damals, mit wenig Geld umzugehen und sich eben auch über Foodsharin sein täglich Essen zu organisieren. Damals habe ich auch ehrenamtlich gearbeitet in einem Kollektiv, wo alle sich immer nur ankeifen. Es gb Supervision, Konfliktlösung mit Moderatoren - im Grunde genommen der reinste Kindergarten. Es ging immer nur darum, anderen Menschen Vorwürfe zu machen, sie würden sich nicht genug engagieren statt mal persönlichen Kontakt aufzunehmen und zu fragen: "Wie geht es dir, was ist gerade in deinem Leben problematisch?" Ein solches Konzept habe ich wiederum in einer ähnlichen Einrichtung in Amsterdam kennengelernt und ich finde es persönlich schöner, dass man nicht nur Wert auf ehrenamtliche Arbeit legt, sondern auch den Menschen dahinter ernst nimmt und würdigt.
Ich habe meine Zelte damals abgebrochen, weil ich ständig unglücklich war und meine Freizeit aus Schlaf bestand. Meine Beziehungen litten, meine Hobbys waren quasi nicht mehr vorhanden.
Heute studiere ich auf Lehramt, was mich definitiv erfüllt und wertschätze jede Freizeit, die ich habe, verbringe möglichst viel Zeit im Freien und analog. Ich glaube allerdings nicht, dass man so einen radikalen Weg wie ich gehen muss, vielleicht reicht es nur, Kleinigkeiten zu ändern.

Ich glaube, jeder braucht doch ein bisschen kindlichen Spaß in seinem Alltag. sei es nun durch im Laub Spielen, durch Pfützen platschen oder eben durch Seifenblasen oder andere schöne Dinge. Ich verstehe einfach nicht, warum viele Erwachsene das verlernen. Wir brauchen diese Kleinigkeiten - und für jeden ist es etwas Anderes. Sei es nun das Lieblingsessen der Kindheit, Zeit mit dem besten Freund, einfach mal Fangen spielen in der Mittagspause - mach, was dich glücklich macht.

Photo by Gabby Orcutt on Unsplash

1 Kommentar:

  1. Interessanter Beitrag und ich stimme dir auf jeden Fall zu, ein bisschen Kindheit braucht man immer :)

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