Plussize Fashion Days - alle Augen auf mich?

Ja, eigentlich wollte ich euch von all den tollen Marken und Menschen berichten, die ich auf den Plussize Fashion Days kennengelernt habe. Eigentlich. Was für ein fürchterliches Wort. Fast so schlimm wie der Konjunktiv. Man KÖNNTE ... Ja, man könnte, aber wenn du willst, dann mach doch einfach!

"Ich finde das schlecht und respektlos, dass dieser und jener jetzt im Nachhinein so schlecht berichtet. Das finde ich unfair gegenüber allen, die an diesem Event mitgearbeitet haben. Was ist deine Meinung, Bettina?"

Etwa ein Dutzend solcher Nachrichten flatterten bei mir ein gestern und heute und ich dachte mir, ich schreibe es noch einmal als Blogpost, weil es eben so ein Thema ist, dass es gruppendynamisch allerorts gibt. Ich bin allerersten überrascht, das Leute meine Meinung wissen wollen, weil ich eigentlich kein Mensch bin, der sich gerne hinstellt und sagt: "So Leute, ich erklär euch jetzt, wie die Welt funktioniert." Einer meiner Exfreunde war so. Er wusste, welche Bands du hören sollst, welche Filme du sehen solltest, wie du dich zu kleiden hast und natürlich, was deine politische Haltung sein soll. Schlimm sowas! Ich war immer leicht angewidert, wenn er ohne Quellenkennzeichnung linken Politikern nach dem Mund redete, um sich zu profilieren. Aber er brauchte das irgendwie.

Sich von seiner guten Seite zeigen


Und darum geht es ja: Es gab ein Event und manche haben sich nicht dort so wohl gefühlt. Das finde ich echt nicht verwerflich, sondern eher sehr verständlich, auch als eine der Neuen. Du kommst an einen Ort voller Leute, die du nicht so wirklich kennst. Leute nur von Instagram zu kennen ist schon eine seltsame Sache. Mit YouTube war es damals ähnlich. Als Jungyoutuberin im Jahre 2009 und 2010 war ich öfters auf Treffen in Berlin, Köln und Frankfurt und habe die Menschen in echt hinter Videos und Blogs gesehen und war manchmal echt überrascht. 

Im Netz zeigt man eben gerne, wie man sein möchte und meines Erachtens ist es auf Events ja nicht anders: Wir wollen unsere guten Seiten zeigen und nicht Furzen, rülpsen oder die Nase hochziehen. Wir putzen uns heraus, ziehen uns was Schönes an und selbst mein Mann durfte Anzug tragen. Es ist meiner Meinung nach nichts Schlimmes, sich von seiner besten Seite zeigen zu wollen. Im Gegenteil, diese grundsätzliche positive Einstellung hilft ja sogar, den Frieden in der Gruppe zu wahren.

Ich fühle mich willkommen

Es waren meine ersten Plussize Fashion Days und ich bin immer noch unsicher, ob ich Plus Size zusammen oder getrennt schreiben soll. Also schreibe ich vielleicht beide Varianten? Aber zurück zum Thema:
Mein persönlicher Eindruck war, dass ich mich sowohl bei der Plussize Fashion Lounge in Berlin als auch vergangenes Wochenende wohl gefühlt habe wie nie. Das liegt vielleicht daran, dass ich schon Events aller Art ab und an besucht habe. Mal war es netter, mal weniger nett. Aber ich muss ja nicht ins Detail gehen, oder? Ihr habt da sicher genügend Vorstellungskraft.

Mein Fazit ist, dass es unglaublich schön und erfüllend für mich war. Wie eine warme Dusche aus Wörtern. Menschen haben mit mir geredet, es gab Austausch und ich habe viel Input bekommen, neue Marken kennengelernt, Stoff für Instagram und zum Bloggen bekommen. Und für mich gab es nirgends den Eindruck, dass sich Leute etwas einbilden oder doof zu mir waren oder herablassend, weil sie so viele Follower haben oder so viel auf dem Laufsteg waren. Im Gegenteil: In meiner kleinen Welt dieses Events wurde ich nirgends nach meiner Reichweite gefragt, meine Haarfarbe war hingegen sehr gefragt.

Das große Missverständnis


Ich finde es persönlich schade, dass nun anscheinend in unserer kleinen Plussize Welt etwas Unmut entsteht, entflogt wird und man vielleicht auch Worte in den falschen Hals bekommt. Ich kann nur für mich sprechen und nicht in den Kopf anderer sehen. Deswegen erkläre ich, wie es bei mir war und heute ist.

Seitdem ich 3 oder 4 Jahre alt bin, stand ich in meiner Heimat regelmäßig auf der Bühne. Ich habe in mehreren Chören gesungen, bekam bei Kindermusicals oft männliche Hauptrollen bis die Pubertät zuschlug und für mich ist auf der Bühne sein ein wenig etwas Natürliches. Im Umgang mit Menschen weg von der Bühne war ich hingegen immer sehr schüchtern und zurückhaltend und vorsichtig. Ich bin eher so ein Beobachter, der guckt, wie sich ein Mensch verhält und dann erst beschließt: "Okay, jetzt nehme ich den Kontakt auf, dieser Mensch ist harmlos."

Meine Gedanken kreisten schon, als ich noch sehr klein war darum, was Menschen von mir halten, ob sie mich doof oder gekünstelt finden - einfach, weil es mich immer 2x gab. Das kennt man ja auch von Beyonce und anderen Künstlern. Es gibt das Bühnen-Ich und das Alltags-Ich. Und Bühnen-Ich kann immer strahlend lächeln, was gut bei Fotoshootings hilft, hat 1a Körperhaltung und ist gut gelaunt, während Alltags-Ich gerne auch mal im Bett bleibt, moody ist, jammert .... Das klingt jetzt ein wenig persönlichkeitsgestört, aber es ist einfach ein Schalter in mir, den ich umstellen kann. Quasi eine Rolle für  offizielle Anlässe aller Art. Auf solchen Events bin ich auch eher eine Mischung aus Bühne und Alltag, weil ich nicht so aufdrehen und polarisieren möchte. Bin ich allein bei einem Event und hab noch keinen Anschluss gefunden, bin ich eher schüchtern, bin ich in der Gruppe da, ist es natürlich etwas Anderes. Da bin ich nicht so unsicher.

Es muss mich nicht jeder mögen


Unternehmen oder auch andere Blogger und Influencer anzusprechen kostet jedes Mal Überwindung, auch mich. Und im Hintergrund kreisen immer die Gedanken: "Was ist, wenn er/sie mich doof findet?" Ich kann diese Unsicherheit total gut verstehen, ich spüre sie jedes Mal, aber dann denke ich, entschuldigt den ruden Ausdruck: I don't give a fuck.

Denn das ist der einfache Gedanke hinter diesen Fragen: Ich will, dass die Leute mich alle mögen. Aber das ist mega unrealistisch. Es gibt immer einen Menschen, dem passt dein Gesicht nicht oder der findet dich gekünstelt oder meint, du seist fake und kann so gar nich mit dir. Das ist vollkommen okay, du kannst nicht machen, dass dich alle mögen. Es gibt immer welche, die dir das Wort im Mund verdrehen oder ich doof finden oder Dinge scheiße. Ich meine, als Veganerin wird mir oft vorgeworfen, dass ich Leute, die nicht vegan leben, kacke finde. Und nö, ich bin da tolerant! Aber da greift eben bei manchen Leuten dieses Schubladendenken und wenn sie mich doof finden deswegen, dann ist das ja deren Problem und nicht meins.

Wenn man dieses "Es muss mich nicht jeder mögen" erst einmal wie ein Mantra verinnerlicht hat, dann ist das mit der Welt da draußen auch ganz einfach. Die Angst verschwindet, denn was hab ich schon zu verlieren?



Das Missverständnis


Ich glaube, ein großes Problem ist, dass viele Leute es wohl persönlich genommen haben, dass es einige Stimmen gegeben hat, die sagten: "Ich fühle mich nicht wohl in diesem Kontext." Aber ich kann das total nachvollziehen. Da sind ganz viele Menschen und oft sind sie in Grüppchen unterwegs. Das kann schon irgendwie Angst einflößen und einen daran hindern, kontaktfreudig zu reagieren.

Die Menschen, die kritisiert haben, haben ja im Grunde nur sich erklären wollen, warum sie so auf Distanz geblieben sind und dadurch vielleicht einen falschen Eindruck erweckt haben und ich fand das in Ordnung. Meine Begleitungen Madeleine und Katharina meinten eben auch: "Ja, wir sind eben nicht so wie du, Bettina. Du kannst einfach auf Leute zugehen und das ist cool." Ja, Mädels, ich hab euch jetzt verraten, was mein Geheimnis dahinter ist. "Ich mach meinen Selbstwert nicht von der Meinung anderer abhängig, sondern auf dem Wissen, dass ich ein vielseitig talentierter und charismatischer Mensch bin" ist fast so ein wichtiges Mantra für mich wie "Karma is a bitch".

Und dieses Selbstbewusstsein brauchte einige Jahre am Theater, bescheuerte Romanzen und Beziehungen mit Typen, die mich alle irgendwie geprägt und stärker gemacht haben. Zickige Exfreundinnen, Starker und aufdringliche Verehrer nicht zu vergessen. Also: Geht nach draußen und lebt euer Leben! Wenn Leute euch kacke finden, ist das deren Problem. Warum solltet ihr euch mit so negativen Kackgedanken den Tag versauen? Ja, ich weiß, ich bin müde und meine Sprache bekommt so eine lokale Einfärbung ...

Immer schön ehrlich bleiben, denn Ehrlichkeit obsiegt


Nur, weil ihr offen zu anderen Menschen seid, heißt das nicht, dass ihr ihnen vollständig in den Popo kriechen müsst. Das beste Beispiel für charmante Unverschämtheit ist mein wundervoller Ehemann, der am anderen Ende dieses Raumes gerne betreten zu Boden schaut und ein bisschen rot anläuft. Aber hey, sich darf das schreiben und ja, ich kann coolerweise Dank meines blöden Klavierspielens, dass ich heute kaum noch beherrsche (Gesang, Trompete, Gitarre und Klavier in der Jugend, aber gut kann ich nur Trompete und Gesang), sehr, sehr schnell tippen, quasi in Echtzeit, während ich spreche und daher schreibe ich quasi laut, damit ih gleich Feedback bekomme von Jona, ob ich das denn auch so schreiben kann.

Die Zwischenüberschrift ist ein Produkt von 2016, als Jona und ich uns für Youtubevideos ausgedacht haben, am Anfang und Ende ein Branding einzuführen. Am Anfang sagte ich stets "Hallo, meine surrealen Freunde und willkommen zu diesem Video." Und am Ende gab es immer ein "Und nicht vergessen: Immer schön ehrlich bleiben, denn Ehrlichkeit obsiegt." Ich gestehe, dieser Satz stammt von Jona. Wir hatten V wie Vendetta gesehen und ihn faszinierte der Slogan "England obsiegt." Daraus entstand dann unser Satz, der eben für uns keine hohle Phrase war, sondern gelebt wird.

Während ich eine Künstlerin der Worte und der Konversation bin und mich sehr elegant ausdrücken kann, dass persönlich dieses Muster nicht mein Fall ist, aber ich es dennoch an anderen Menschen auf aufregende Art und Weise gut kombiniert doch sehr gerne sehe, ist Jona da eher der Typ Direktheit. "Nein, ich hasse Leomuster. Wir kaufen das nicht.", schallte es am Messetag durch die Halle und die entsetzte C&A Dame riss ihren Kopf herum. 
- "War ich wirklich so unhöflich?"
"Ja."
Er grinst. Und irgendwie lacht er ein wenig verlegen.
- "Okay, irgendwie das uncool. Mir war das echt nicht bewusst, dass ich so unhöflich war."
Aber das ist ja genau das, was ich an meinem Ehemann liebe. Er ist sehr, sehr, sehr direkt und steht dazu. Er redet nicht um den heißen Brei, sondern sagt direkt: "Ich mag das nicht." 
Seine Devise: Unaufrichtigkeit bringt keinen weiter.

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